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Juli
15

ZEIT FÜR EINEN RICHTUNGSWECHSEL

  • Posted By : Mike Mandl/
  • 0 comments /
  • Under : Shiatsu, TCM

Bereits 1948 hat die Weltgesundheitsorganisation Gesundheit als eine Zustand definiert, der weit mehr ist als die Abwesenheit von Krankheit. Von diesem Zustand sind wir weit entfernt. Warum?

Text: Mike Mandl, Bild: flickr / Charles D P Miller (creative commons license)

Viele Dinge im Leben sind einfach. Wer müde ist, sollte schlafen. Wer hungrig ist, sollte essen. Wer durstig ist, sollte trinken. Wem kalt ist, der sollte sich aufwärmen. Wem heiß ist, der sollte sich abkühlen. Oder etwa nicht? Die simple Logik der Alltagserfahrung funktioniert. Und sie funktioniert auch, wenn wir uns komplexeren Themen zuwenden. Unserem Verhalten zum Beispiel. Oder unserer Gesundheit. Oder dem Zusammenhang zwischen unserem Verhalten und unserer Gesundheit. Der Volksmund stellt diesen her. Die Wissenschaft widerspricht. Sie will immer alles auf Herz und Nieren prüfen. Sie will allen Dingen auf den Zahn fühlen, verliert sich dabei aber oft in Haarspalterei. Und Lippenbekenntnisse drehen ihr den Magen um. Dabei ist sie es, die ein bisschen mit dem Rücken zur Wand steht und kalte Füße bekommen sollte. Warum?

Bereits 1948 definierte die Weltgesundheitsorganisation Gesundheit als „einen Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.“ Ziel dieser Definition war es, Gesundheit von einer rein biomedizinischen Betrachtungsweise zu lösen. Gesundheit  nicht als einen gegebenen und unveränderlichen Zustand zu betrachten, sondern als eine immer neu und aktiv herzustellende Balance in allen Lebensbereichen. Diese Balance erfordert Selbstverantwortung, erfordert ein höheres Maß an Selbstbestimmung.

Was ist 70 Jahre später daraus geworden? Wir sehen uns mit einer Flut an gesundheitliche Beschwerden konfrontiert, viele davon haben ihre Ursachen im psychisch-emotionalen Bereich oder im Lebensstil, ob Burnout, Allergien oder Stoffwechselerkrankungen.

Die Tendenz: Weiterhin rapide steigend. Ja. Wir bekommen die klassischen Krankheiten immer besser im Griff, wir erfreuen uns einer immer höheren Lebenserwartung. Gleichzeitig entfernen wir uns aber vom umfassenden Wohlergehen. Denn Wissen ist das eine. Verstehen das andere. Das muss nicht immer Hand in Hand gehen. Oder wie es der Philosoph Ludwig Wittgenstein auf den Punkt gebracht hat: „Wir fühlen, daß selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind.“ Interessant in diesem Zusammenhang: Burnout wird in der Internationalen Klassifikation von Krankheiten als „Problem mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ definiert wird. Wir haben einen noch nie da gewesenen Wissensstand. Und wir hatten noch nie so viele ausgebrannte Menschen. Warum?

Das gesellschaftliche Tempo wird immer höher, die Orientierung immer schwerer, der Druck immer größer. Weiterhin wird zwischen Körper, Geist und Seele getrennt.

Der Körper: Überlastet. Der Geist: Überfordert. Die Seele: Leer. Auf funktioneller Ebene können wir den Körper hervorragend reparieren. Für jede Krankheit gibt es Spezialisten, die Unfassbares leisten. Aber es geht nicht um bloßes Funktionieren. Es geht um umfassende Gesundheit. Das ist das Problem. Und Probleme sind oft nicht mit den Mechanismen zu lösen, die zu ihrem Entstehen beigetragen haben. Mit trennenden Perspektiven, fragmentierenden Herangehensweisen. Wir haben Allgemeinmediziner, Fachärzte, Chirurgen. Wir haben Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten. Wir haben Priester und Gurus. Obwohl viele Beschwerden das Resultat einer suboptimalen Interaktion zwischen Körper, Geist und Seele sind, wird dieser Zusammenhang selten anerkannt und noch weniger erkannt. Vor lauter Bäumen sehen wir den Wald nicht mehr. Das verschlimmert die Lage. Ein kleiner Teufelskreis.

Was es daher braucht: Neue Ansätze. Einen Paradigmenwechseln. Es braucht ein klares Ja zum Menschen als multidimensionales Wesen, als vielschichtige Einheit, die weit mehr ist als die Summe ihrer Funktionen. Diesbezüglich müssen wir keine neuen Erkenntnisse gewinnen. Es reicht die zu beachten, die bereits vorhanden sind, wie das empirische Erfahrungswissen. Ein reichhaltiges Angebot liefert diesbezüglich die traditionelle chinesische Medizin, kurz TCM genannt. Die TCM basiert auf simplen, aber äußerst logischen und vor allem in der Praxis vielfach bewährten Prinzipien. Sie basiert auf Analogien, Zusammenhängen und dem unterschätzen Hausverstand.

Interessant an dem Ansatz der TCM ist, dass viele Erkenntnisse deckungsgleich mit unserem „Volkswissen“ sind: Sind wir schlecht gelaunt, dann läuft uns eine Laus über die Leber. Tut sie das über einen langen Zeitraum, kommt die Galle hoch. Wir sehen rot. Sagen wir. Die Chinesen sagen das auch. In beiden Kulturen wurde – obwohl tausende Kilometer voneinander entfernt – eine Zusammenhang zwischen Wut, Zorn, Aggression und den Organen Leber und Gallenblase hergestellt. Wie kann das sein? Eben. Indem tatsächlich ein Zusammenhang besteht. Während jedoch in Europa ein großer Teil dieses Wissens im Mittelalter unrühmlich am Scheiterhaufen verbrannt wurde, wird es in China seit mehr als 2.000 Jahren klinisch angewandt. Mit Erfolg. Dementsprechend konnte sich das System fundiert verfeinern. Daher macht es Sinn, hier Anleihen zu nehmen.

Einen Grundpfeiler dieses System bildet die Meridianlehre. Die Meridianlehre stellt den Menschen in seiner Gesamtheit in den Mittelpunkt.

Die Meridianlehre liefert praktische und nachvollziehbare Ansätze, wie wir wirkliches Wohlbefinden erlangen und persönlich Wachsen können. Und sie liefert wertvolle Zusammenhänge und Einsichten in Bezug auf viele Zivilisationskrankheiten. Auf unkomplizierte Art und Weise. Aber viele Dinge im Leben sind einfach. Schenken wir ihnen einfach mehr Aufmerksamkeit. Dann wird aus Glauben Wissen. Erfahrungswissen. Mit diesem Wissen können wir mehr Selbstverantwortung in Bezug auf unser Leben übernehmen und müssen diese nicht dauernd an Spezialisten delegieren.


Juni
16

LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT (III)

  • Posted By : Mike Mandl/
  • 0 comments /
  • Under : Ernährung, Frühling, Fünf Elemente, Holzelement, Shiatsu, TCM

In der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Leber der Freigeist unter den Organen. Sie braucht viel Raum, um sich entfalten zu können. Erhält sie diesen nicht, reagiert sie sensibel und explosiv. Der Fachbegriff dafür ist Leber-Qi-Stagnation – eine der gängigsten Ursachen für Probleme in unserem System.  Was lässt sich dagegen tun?

Text: Mike Mandl, Bild: flickr.com/ Hitchster (creative commons license)

Der psychisch-emotionale Hintergrund einer Leber-Qi-Stagnation wurde im letzten Blog ausführlich dargestellt. In diesem Blog geht es um „pragmatische“ Alltagstipps, wie man Druck von der Leber – und vom Gemüt – nehmen kann.

EXZESS!

Ein unkonventioneller Ratschlag, das ist mir bewusst, aber auch extrem wirkungsvoll, vertrauen Sie mir ? Denn Kräuter, Behandlungen, Ernährungsumstellung, Meditation, alles schön und gut, in Summe jedoch oft ein bisschen langweilig. Und bemüht. Und rigid. Daher: Darf es auch ein bisschen Spaß sein? Unbedingt. Es muss sogar. Es geht darum, die Natur der Leber-Qi-Stagnation wirklich zu verstehen. Im Kreislauf der Fünf Elemente folgt das Feuerelement dem Holzelement. Um die Energie des Holzelementes – und somit vor allem der Leber – richtig freizusetzen, muss das Holz brennen. Je intensiver, desto mehr der fest sitzenden Energie wird transformiert. Das Feuerelement ist das Element der Freude, der Begeisterung, der Leidenschaft und der Lust. Nur wenn wir diese Qualitäten mit ins Spiel bringen, können wir das Holz wirklich entflammen.

Daher:  Eine durchzechte Nacht mit intensivem Sex kann mehr zur gesunden Energiebalance im System beitragen als ein wochenlanger Tai Chi Kurs. Sorry. Aber so ist das nun einmal.

Wie erwähnt, man muss die Natur der Leber-Qi-Stagnation und die Dynamik der Fünf Elemente verstehen. Regeln und Strukturen, mögen sie auch noch so gesund sein und gesund wirken, adressieren die Metallqualität in uns. Um Vorschriften zu beachten, müssen wir uns konzentrieren, kontrollieren, wir müssen unser Verhalten lenken. Das Metallelement schränkt das Holzelement jedoch gerne ein, die Säge schneidet den Baum, stutzt ihn zurecht. Tendieren wir im Falle einer Leber-Qi-Stagnation dazu wichtige Tipps manisch zu befolgen und vernünftige klingende Empfehlungen möglichst korrekt umzusetzen, kann dies die Stagnation der Leber sogar verstärken, denn das Holzelement ist das Element der Lebendigkeit, der Kreativität, des Freiraums, der Freiheit. Und auch der vernünftigen Unvernunft, im positiven Sinne. Das Holzelement braucht keine Säge. Es braucht Feuer, Spaß, Kribbeln, Auf- und Erregung.

Ich meine das nicht böse. Aber ich kenne viele Personen, die in Bezug auf Gesundheit mehr oder weniger alles richtig machen. Trotzdem wirken manche dieser Personen weder vital noch lebendig, sondern eher trocken und fahl. Mit einem ebensolchen Humor, der rasch an seine Grenzen stößt, wenn man ein bisschen am heiligen Dogma der strengen Lebensweise kratzt. Strenge ist Enge. Und Disziplin soll uns in die Freiheit führen und kein Gefängnis sein. Ist das der Fall, dann fehlt dem Holz der Saft, dem Feuer fehlen die Blüten, dem Leben fehlt es an Leben. Und was ist Gesundheit, wenn nicht Lebendigkeit gepaart mit Humor und Gelassenheit?

Wie auch immer: Geht es um Stagnation, tut es manchmal einfach gut, den Vorschlaghammer auszupacken und den Damm aller Beschränkungen radikal einzuschlagen, anstatt diesen Stück für Stück abzutragen. Meine Empfehlung, meine Erfahrung: Ein bewusster und gepflegter Exzess hie und da, das ist wichtig, das belebt, das löst, macht locker und entspannt, führt also genau zu dem Zustand, der das Gegenteil der Leber-Qi-Stagnation und daher anstrebenswert ist.

Aber bevor sie nun in den Supermarkt laufen und sich mit Whiskey eindecken: Stopp! Wir sprachen von bewusstem Exzess. Es geht um ein über die Stränge schlagen in einem Bereich der Spaß macht und die Seele berührt.

Für die eine Person ist das Bewegung. Für die andere Kreativität. Oder Ausdruck. Oder soziale Interaktion. Egal welcher Bereich, das Holz kommt dann in Bewegung, wenn man nicht zu den Zügeln, sondern zur Peitsche greift. Volldampf voraus statt eingebremst. Wer gerne tanzen geht: Das nächste Mal nicht um 01.00 vernunftbetont auf die Uhr blicken und auf leisen Sohlen einen Abgang machen. Nein, lieber einen Gang höher schalten und den Dancefloor durchschmorren lassen. Sich für die Intensität des Moments und nicht für den kommenden Tag entscheiden. Nicht denken, sich nicht rechtfertigen, sich nicht schuldig fühlen – alles Aspekte des Metallelements. Weg damit! Viel besser: Nach einer langen Nacht erschöpft aber glücklich die ersten Sonnenstrahlen mit heißem Kaffee begrüßen. Komplett erledigt aber zufrieden den Tag überdauern. Und dann schlafen wie ein kleines Kind. Ahhh. Das mag das Holzelement. Ein Leben frei von der Leber weg. Dem freien Energiefluss wird daher – wer sich gerne der sozialen Geselligkeit hingibt –  auch das vierte Bier nicht schaden, im Gegenteil. Und – ich habe es schon erwähnt – gesellt sich auch noch körperliche Liebe dazu, perfekt, denn vor allem auf den Unterleib hat der Lebermeridian einen äußerst starken Einfluss und stagniert der Unterleib, ist genereller Lebensfrust nicht weit.

Aber aufpassen: Wir sprechen vom Freisetzen der Energie. Das wollen wir erreichen. Die Leber-Qi-Stagnation ist ein Druckkochtopfzustand. Es gilt Dampf abzulassen. Machen wir das nicht bewusst, dann BRAUCHEN wir den Exzess, dann brauchen wir Ventile, wie zum Beispiel gelegentliche cholerische Anfälle, manische Sporteinheiten oder die tägliche Ration Alkohol vor dem Schlafen gehen, um zumindest die Druckspitzen abzubauen. Dann schon lieber den Spieß umdrehen. Selber entscheiden. Selber die Verantwortung in die Hand nehmen. Selber tun. Gezielte Eskalation statt unkontrollierte Explosion. Und nachher gehen wir es an. Mit Handlungen, die längerfristig das Leber-Qi im Fluss halten.

FASTEN!

Auf den Exzess folgt Fasten? Ja, genau. Man kann sich den Zustand der Leber-Qi-Stagnation nicht nur als Druckkochtopf, sondern auch als übervolles Fass vorstellen. Es reicht. Das Wasser steht bis zum Hals und der kleinste Tropfen bringt es zum Überlaufen. Ein zarter Windhauch: Migräne. Ein bisschen zu scharf gegessen: Schlaflosigkeit. Etwas mehr Druck in der Arbeit: Gastritis. Es macht wirklich Sinn, das Fass zuerst zu leeren. Und dann darauf zu achten, dass es nicht gleich wieder voll wird. Daher Fasten.

Wie es auch mehrere Möglichkeiten gibt das Fass zu entleeren, steht uns auch ein breites Spektrum an Fastenmöglichkeiten zu Verfügung. Es gilt herauszufinden, was das Fass am meisten „füttert“. Und dort dann den Rotstift anzusetzen.

Fasten bedeutet nichts anderes als bewusster Verzicht in Bezug auf Dinge oder Tätigkeiten, die uns be- oder überlasten. Die Königsdisziplin in Bezug auf Leber-Qi-Stagnation wäre zwölf Tage Grünkern-Getreidefasten an einem schönen Platz mitten in der Natur. Zwölf Tage nur Grünkern, Wandern, Ruhe, Leberwickel, Schlafen und sonst nichts. Idealerweise durchgeführt rund um die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche. Die Frühlingszeit ist die Zeit des Holzelements, rund um die Tag- und Nachtgleiche ist die Natur am ausgeglichensten. Tag und Nacht sind gleich lang, Yin und Yang in Balance, jetzt kann man das System am besten in einen außerordentlichen Zustand versetzen. Mit Grünkern, dem Getreide, das direkt mit der Leber in Verbindung steht. Nur Grünkern. Dreimal am Tag. Das wäre ideal. Das sollte man sich wirklich einmal gönnen. Der Effekt ist unglaublich. Aber Fasten lässt sich auch in kleineren Häppchen, auch im ganz normalen Alltag.

DIGITALES FASTEN

Eine Geisel der Zeit und die Leber auf jeden Fall belastend ist die digitale Reizüberflutung. Die Leber kontrolliert in der Traditionellen Chinesischen Medizin die Augen. Sind wir schlecht gelaunt – ein Ausdruck einer Leber-Qi-Stagnation –sehen wir oft rot. Fehlt uns die Vision – von videre (lat.): sehen – sind wir schlecht gelaunt. Leber, Augen, Sehen, das ist eine Einheit. Bombardieren wir dieses wichtige Sinnesorgan rund um die Uhr mit Eindrücken, ist das Fass der Aufnahmekapazität schnell voll. Verloren im Informationsdschungel… Was wirklich wichtig ist und uns gut tut können wir dann oft nicht mehr herausfiltern. Man muss sich die Leber auch wie einen Schwamm vorstellen, der alles aufsaugt und speichert, vor allem Bilder. Diese gespeicherten Bilder füttern im Zyklus der Fünf Elemente wiederum das Feuerelement, unser Bewusstsein. Verwirrung, Chaos, Unruhe, Zerstreuung oder Schlafstörungen, das alles kann die Folge einer Reizüberflutung sein. Daher: Immer wieder bewusst digital fasten. Das Telefon ab 19.00 abschalten. Einen E-Mail oder Social Media freien Tag einlegen. Lesen statt surfen. Real treffen statt chatten. Möglichkeiten gibt es viele. Am besten gleich damit anfangen. Und regelmäßig weiterführen. Die Leber braucht Pausen…

STRESS FASTEN

Und wenn wir schon von Pausen sprechen: Auch Urlaub kann eine Form des Fastens sein. Wenn alles zu dicht und zu eng wird: Abhauen! Hinter mir die Sintflut. Raus aus dem Alltag. Nicht nur über das Wochenende. Eine Woche braucht es mindestens. Am besten in eine neue Stadt, ein neues Land. Die Leber liebt das Abenteuer, es tut ihr gut, neue Herausforderungen zu meistern. Und wer es wirklich wissen will: Am besten reist man alleine. Weil man nur so kompromisslos unterwegs sein kann und die eigenen Bedürfnisse unangefochten im Mittelpunkt stehen. Das „Fasten“ bezieht sich hier auf die Kappung aller Fäden, die uns im normalen Alltag einschnüren, an die Routine fesseln, uns in Beziehungsnetzwerke binden. Erwartungshaltungen, Druck, Langeweile oder Überforderung, in Summe alles Einschränkungen, die man hin und wieder ganz bewusst hinter sich lassen soll und muss. Drei Wochen Alltags-Fasten ist eines der besten Mittel gegen Leber-Qi-Stagnation, die ja meist immer im psychisch-emotionalen Bereich wurzelt…

KLASSISCHES FASTEN

In vielen Kulturen ist die gesundheisfördernde Wirkung des Fastens verankert, vor allem im Frühling. 40 Tage dauert zum Beispiel die klassische Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern. 40 Tage Reduktion. Körper und Geist werden dadurch leichter, erleichtert, physisch wie psychisch wird Raum geschaffen, damit sich die Kraft des Holzelements voll entfalten kann. Fastenmethoden gibt es viele. Was zählt, ist Extreme zu vermeiden. Jede vernünftige Reduktion über einen vernünftigen Zeitraum entlastet die Leber. Das braucht sie auch. Immerhin, die Leber ist das größte innere Organ und die größte Drüse im menschlichen Körper. Sie ist ein mächtiges Kraftwerk und hat so oder so schon alle Hände voll zu tun. An die 500 Aufgaben für Entgiftung, Stoffwechsel, Blut- und Blutbildung und Immunsystem hat sie zu erfüllen

Drei Ernährungsaspekte machen der Leber besonders zu schaffen: Druck, Trockenheit, Hitze.

Lebensmittel und Zubereitungsmethoden, die diese Zustände hervorrufen, sind daher so oder so zu vermeiden, weil sich Energie bei Druck und Trockenheit schwer mit dem Fließen tut und eine solche Form der Ernährung den Weg in die Leber-Qi-Stagnation massiv begünstigt. Und wer sich schon im Stadium der Leber-Qi-Stagnation befindet: Kurskorrektur, unbedingt! Mindestens für einen Zeitraum von 14 Tagen.

Druck entsteht durch zu viel üppiges Essen. Vor allem aber durch zu viel Fett und Öl, durch zu viel Frittiertes, Paniertes oder Überbackenes. Die Leber ist wie ein Hochleistungsmotor, der bestes Schmiermittel braucht. Minderwertiges Fett oder Öl führt zu vermehrter Reibung und Ablagerungen. Die Folge: Erhöhter Cholesterinwert, Entzündungen, Gefäßverengung. Vor allem Transfette sind Gift für Leber und Galle. Das Problem: Sie verstecken sich. In Chips, Pommes, Blätterteig, Fertigsuppen, aber auch in Müsliriegeln oder Frühstücksflocken. Zudem kommt: Die Leber leidet als Entgiftungszentrale auch unter jeglicher Form von Zusatzstoffen in unserer Ernährung, ob Konservierungsmittel, Farbstoffe, Geschmacksverstärker oder Stabilisatoren. Wer dem Holzelement Gutes tun will, streicht Fertigprodukte und denaturierte Nahrung vom Speiseplan. Trockenheit und Hitze entstehen wiederum durch Zubereitungsmethode, Geschmacksrichtung und thermische Wirkung. Vor allem Scharfes belastet die Leber. Scharf macht uns heiß, scharf trocknet aus. Ein gut gemeintes Chili treibt den Schweiß aus den Poren. Ein stark gewürztes Lammfleisch macht durstig. Scharf ist gut, um einzuheizen. Aber zu viel Sonne und Hitze dörrt eine Pflanze aus. Sie wächst nicht mehr. Zu viele Lebensmittel mit scharfem Geschmack machen aus der saftig grünen Frühlingsenergie in uns eine Steppe. Scharfe Lebensmitteln sind zum Beispiel Nelken, Curry, Ingwer, Knoblauch, Lauch oder Zwiebel, genauso wie die beliebten Gewürztees Aber auch alle Formen von scharfen alkoholischen Getränke. Schärfe, oder besser Hitze, entsteht auch durch bestimmte Zubereitungsmethoden wie Grillen oder scharfes Anbraten. Diese Kochformen sind hervorragend, um Kältezustände zu vertreiben. Unser Holzelement reagiert darauf allerdings wie in einer Sauna. Es trocknet. Austrocknend wirken auch Lebensmittel mit einem geringen Wassergehalt, wie Toastbrot, Knäckebrot oder salziges Knabbergebäck.

Und bevor man anfängt die Ernährung umzustellen, wären ein paar Tage Fasten im Sinne von gar nichts oder sehr wenig essen ideal. Es geht um dasselbe Prinzip: Das Fass zuerst entleeren. Dann die Gewohnheiten ändern, die es am schnellsten wieder auffüllen. Methoden der Nahrungsreduktion gibt es sehr viele. Meiner Erfahrung nach ist die beste Form das schon erwähnte Getreidefasten. Eine Getreidesorte. Mehr nicht. Zum Trinken abgekochtes Wasser. Das ist hart, das ist beschwerlich. Aber man ist nachher wie neu formatiert. Am besten für drei, sechs, neun oder zwölf Tage. Und noch besser bei abnehmenden Mond. Wer nur drei Tage machen will oder kann: Super. Aber dafür vielleicht öfters? Einmal im Monat? Von April bis Juni? Auch das ist eine tolle Variante. Probieren sie es aus! Wer öfters fastet wird bemerken, dass die Umstellung von Mal zu Mal leichter fällt und irgendwann kann man auch die vollen zwölf Tage Fasten in den ganz normalen Alltag integrieren, sprich alles weitermachen wie gewohnt. Denn mit der Zeit ist das Fasten nicht schwer, im Gegenteil, man fühlt sich befreit und leicht. Weil die Leber nicht mehr stagniert…

 SONSTIGES

Weil es mich interessiert hat, habe ich eine kleine Recherche gestartet, was im Netz gerne in Bezug auf Leber-Qi-Stagnation empfohlen wird. Über spannende Empfehlungen stolpert man: Bauchtanz, Mandala malen, Meditieren oder Theater spielen. Was Männer betrifft: In sich gehen, sich wieder spüren lernen. Das stimmt auch alles. Irgendwie. Aber man denke an den Druckkochtopf. An das volle Fass. Oder an den Tiger, der im Zoo auf wenigen Quadratmetern sein Dasein fristen muss. Würde dem Tiger Mandala malen helfen? Würde er sich besser fühlen, wenn er in sich geht? Würde er gerne Theater spielen oder Bauchtanzen? Nein. Er möchte frei sein. Die ihn einschränkenden Barrieren überwinden. Das ist auch die Essenz im Umgang mit der Leber-Qi-Stagnation. Frei sein und Barrieren überwinden. Im Prinzip ist jedes Mittel gut, dass in diese Richtung führt. Das ist ein individueller Prozess. Jede Person muss das mit sich selber ausmachen. Aber bevor sie damit anfangen: Feiern sie zwei Tage durch. Dann setzen sie sich alleine in den Flieger und sind für drei Wochen verschwunden, um irgendwo am Ende der Welt genau das zu tun, was ihnen am meisten Spaß macht. Dann kommen sie zurück und Fasten zwölf Tage lang. Dann stellen sie ihre Ernährung konsequent um, lesen sich noch einmal Blog #2 durch und achten mehr auf das, was ihre Seele ihnen zuflüstert. Ihre Leber-Qi-Stagnation wird sich um mindestens 70 Prozent bessern. Zudem werden sie mehr in Kontakt mit sich selber sein. Sie werden ihrer Mission und ihrer Vision ein Stück näher gekommen sein. Sie werden das Leben wieder frischer betrachten. Sie glauben mir nicht? Probieren sie es aus!

– LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT – TEIL I: DIE URSACHEN
– LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT – TEIL II: DIE BEHANDLUNG


Mai
28

LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT (II)

  • Posted By : Mike Mandl/
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  • Under : Ernährung, Frühling, Fünf Elemente, Holzelement, Shiatsu, TCM

In der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Leber der Freigeist unter den Organen. Sie braucht viel Raum, um sich entfalten zu können. Erhält sie diesen nicht, reagiert sie sensibel und explosiv. Der Fachbegriff dafür ist Leber-Qi-Stagnation – eine der gängigsten Ursachen für Probleme in unserem System.  Was lässt sich dagegen tun?

Text: Mike Mandl, Bild: flickr.com/ mikecogh (creative commons license)

ES WAR EINMAL EIN TRAUM

Fernfahrer! Das wollte ich werden, als ich zehn Jahre alt war. Unbedingt. Ohne den geringsten Zweifel. Ohne Wenn und Aber. Ein Traum, so groß und spannend, dass ich nachts vor Aufregung nicht schlafen konnte. Mit einem großen Truck im amerikanischen Stil sah ich mich endlose Highways entlang brettern, jeder Tag ein Abenteuer, jeder Tag Neuland, immer unterwegs, immer mit wertvollen Waren beladen, unabhängig und alleine, Freiheit pur. Eine Mission. Eine Vision. Die im streng konservativen Elternhaus natürlich wenig Anklang fand. Eine kindliche Phantasie halt. Ein amüsantes Hirngespinst, mehr nicht. Der Ernst des Lebens wird ihn schon noch einholen, den kleinen Träumer. Daher das mit einem lebhaften Hang zur Phantasie ausgestattete Genprodukt lieber bestmöglich auf die beinharte Realität vorbereiten.

Genau. Die Realität. Könnte ich das Rad der Zeit zurückdrehen, mit meinem jetzigen Wissensstand, dann würde ich frech kontern: „Welche Realität meint ihr eigentlich? Eure? Also das, was ihr aus euren Möglichkeiten gemacht und in eurem Tun und eurer Lebensbetrachtung so einzementiert habt, dass euch ein paar dürftige Orientierungspunkte und Richtlinien zu Verfügung stehen, um dem chaotischen Sein zumindest ein Mindestmaß an Sicherheitsgefühl abzuwringen? Ich verstehe das, jeder braucht seine Krücke. Aber die Form der Realität, in der man hart arbeiten und brav den gesellschaftlichen Richtlinien folgen muss, das ist eure Krücke, ich bevorzuge es, mir selber ein Bild vom Leben zu machen. Und ich bin verdammt nochmal neugierig darauf, ob man es nicht entsprechend seinen Wünschen und Vorstellungen ein bisschen biegen kann…“

Jetzt, fast 40 Jahre später, weiß ich: Man kann. Ich habe mir meine eigene Realität geschaffen. Und bin letztendlich doch Trucker geworden. Vielleicht nicht im klassische Sinn, aber die wesentlichen Grundpfeiler des Berufsbildes sind klar vorhanden: Ich lebe von Aufträgen, ich bin selbstständig und unabhängig, ich bin viel unterwegs, in ganz Europa und Übersee, erlebe Abenteuer, betrete Neuland während ich meine Ware ausliefere. Meine Ware ist: Shiatsu. Gut, als Shiatsu-Praktiker könnte man auch ein geruhsames Leben führen, eine kleine Praxis, ein paar Behandlungen, fertig. Still und meditativ. Aber das war nie meins. Das war nie meine Natur. Meine Natur ist… Reisender. Neugieriger. Erkunder. Nicht nur im Inneren. Auch im Äußeren. So reise ich nun durch die Welt, um Shiatsu und Traditionelle Chinesische Medizin zu unterrichten. Der kleine Mike hat das bereits gewusst. Er hat gewusst, was ihn ausmacht, was ihn glücklich macht. Da war der Traum und der Traum war eine Art Wegweise. Das kindliche Gehirn verknüpft eine derartige innere Intuition einfach mit zu Verfügung stehenden Bildern oder Projektionsflächen, weil es sich meist noch nicht so klar artikulieren kann. Als ich zehn Jahre alt war, war Fernfahrer am ehesten das Bild, um die Bedürfnisse und Wünsche meiner inneren Natur ausdrücken zu können. Wobei es nicht um den konkreten Berufswunsch, sondern nur um die damit in Verbindung stehenden Qualitäten ging. Vorerst wurde aber einmal die Notbremse gezogen. Der Truck in der Garage der nicht möglichen Möglichkeiten geparkt. Sprich Schule brav fertig machen und der ganze Rest, der gemeinhin dazu gehört.

Mit dem Tod des Fernfahrers durch den mir beigebrachten Ernst der Realität starb nicht nur der Traum vom Traumberuf, nein, die Seele wurde trotz massivem Hunger auf Diät gesetzt und darbte lange Zeit unzufrieden vor sich hin,
weil sie ihr Potential weder abrufen noch ausleben konnte.

In dieser Zeit ging es mir nicht gut. Ich war angespannt, gereizt, teilweise depressiv. Immer wieder versuchte ich den aufgestauten Frust via vielfältigster Ventile zu entladen, ob Extremsport oder Exzess. Glücklich wurde ich dadurch nicht. Dazu gesellten sich Verdauungsprobleme, empfindliche Augen und hin und wieder gediegene Kopfschmerzen. Willkommen bei der Leber-Qi-Stagnation!

PASSION & PURPOSE

Wie im letzten BLOG dargestellt, ist die Leber-Qi-Stagnation eines der weit verbreitetsten Organmuster. Klassisch betrachtet gibt es viele Ursachen dafür, ob zu viel üppiges Essen in Verbindung mit Alkohol, zu wenig Bewegung, Stress, Druck oder Leistungsdruck oder auch – in der Fachsprache ausgedrückt – Qi Mangel, Yang Mangel etc… Das mag alles stimmen. Hier kann man in der Behandlung überall den Hebel ansetzen. Das beste Heilmittel gegen Leber-Qi-Stagnation findet man aber im Kopf. Es lautet Passion & Purpose. Oder: Leidenschaft & Aufgabe. Wer sein Leben mit Leidenschaft lebt und einer Aufgabe folgt, die größer ist, als die individuelle Wichtigkeit, der ist immun gegen eine Leber-Qi-Stagnation. Die besten Kräuter, das beste Shiatsu, die beste Akupunktur: Nichts ist so effektiv, nichts bewegt die Lebensenergie schneller als Passion & Purpose. Kleine Kinder beim Spielen befinden sich in diesem Zustand.

Die Augen leuchten. Das Lachen kommt tief aus dem Bauch. Das Leben vibriert. Ein Zustand, den wir auch im Erwachsenenleben erreichen können und auch vor allem erreichen sollen.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin ist das Holzelement das Element der Entfaltung, des Wachstums und des Freiraums. Es gibt mehrere Ebenen, auf denen wir uns entfalten können, aber keine hat einen so direkten Einfluss auf unsere Zufriedenheit wie die seelische. Sicher, der Begriff Seele ist umstritten, die Wissenschaft tut sich schwer damit. Aber jeder Mensch kann sie spüren, oder etwa nicht? Dass es da drinnen etwas gibt, das sich zeigen, leben, entfalten und spielen möchte. Ich kenne viel Personen, die auf vielen Ebenen höchst erfolgreich sind, sich also maximal entfaltet haben, ob beruflich oder persönlich, die Karriere, ein Traum, Familie und Kinder, top, wie das Auto, wie die Villa, wie der Urlaub. Und trotzdem: Leber-Qi-Stagnation, dass sich die Holzbalken biegen, sprich ein hohes Maß an innerer Unzufriedenheit, bis hin zu schweren Depressionen unter der fröhlichen Maske der oberflächlichen Zufriedenheit. Alles erreicht. Eine Fülle an Fülle. Die Leere lässt sich aber nicht leugnen. Weil eben, die seelische Ebene, die fehlt, die ist nicht ganz einverstanden, die mag vielleicht etwas ganz anderes tun, Fernfahrer sein oder so.

Die Leber wird in der Traditionellen Chinesischen Medizin gerne als Architekt bezeichnet. Der Architekt macht den Bauplan. Die Leber ist verantwortlich für den Bauplan unseres Lebens.

Sie skizziert den großen Lebensentwurf. Sie liefert die Vision, den Traum. In der Fünf Elemente Theorie haben zwei Elemente einen direkten Einfluss auf das Holzelement und somit auf die Leber. Das Wasserelement und das Metallelement. Das Wasser nährt das Holz, lässt es wachsen und gedeihen. Das Metallelement kontrolliert das Holz. Es ist die Schere, mit der man aus dem Baum, der man sein könnte, einen Bonsai macht, der nicht viel Platz beansprucht. Das Wasserelement repräsentiert unser innerstes Potential, das Samenkorn, dass die individuelle, aber auch universelle Bestimmung in sich trägt. Hat das Holzelement eine gute Verbindung zum Wasserelement, macht die Leber aus dem Potential, das sie im Wasser vorfindet, einen Plan, der das ganze Spektrum unserer Möglichkeiten zum Ausdruck bringt. Wir folgen unserer Aufgabe, die uns wachsen und über uns hinaus wachsen lässt. Wir wachsen mit Purpose. Und mit Passion. Weil wann immer äußeres Tun und innere Wertvorstellungen kongruent sind, sich Sinn, Leidenschaft und Begeisterung von selbst ergeben. Das tut dem Holzelement gut.

Das Metallelement ist das Element der Erziehung, das Element des Elternhauses. Mit den Scheren des Metallelements werden wir auf die Realität zurecht gestutzt. Wir wurzeln nicht in unserer Bestimmung. Wir folgen den Richtlinien unserer Gärtner. Sicher, gute Gärtner können mit ihrem Werkzeug die Pflanzen in ihrem Wachstum unterstützen. Aber dazu müssen sie das Wesen der Pflanze erfassen und verstehen. Und ihr nicht ihre Interpretation eines korrekten Wuchses aufs Auge drücken. Die wahre Ursache von Leber-Qi-Stagnation ist in dieser Dynamik zu finden. Wird das Holzelement gestützt? Oder eingeschränkt?

In Bezug auf die Leber, den Freigeist unter den Organen, geht es um die Klarheit und den Mut, sich folgender Frage zu stellen: Was macht meine Seele wirklich glücklich? Was lässt sie mit Begeisterung wachsen? Wo ist ihre Aufgabe? Wo ist ihre Leidenschaft?

Probieren sie es aus! Zu oft wird diese Frage nicht gestellt, weil die Antwort Angst machen könnte. Denn sind wir wirklich bereit, die Änderungen in Kauf oder in Angriff zu nehmen, die es braucht, um ein Leben frei von der Leber weg zu leben? Ich sage: Das Risiko zahlt sich aus. Immer. Alle großen Erfolgsstorys unserer Zeit wurden von Personen geschrieben, die sich vom Kompass ihrer Intuition steuern haben lassen, ob Mark Zuckerberg, Bill Gates oder Steve Jobs.

Vielmehr sollte es uns doch Angst machen, dass die innere Pflanze eintrocknet und verkümmert. Wir haben jederzeit die Wahl: Ein beseeltes Leben oder Walking Dead! Lieber ein Leben in Leber-Qi-Stagnation? Bitte sehr, ihre Entscheidung. Das ist gut für uns Therapeut/inn/en. Weil es dann immer etwas zu tun gibt ? Das wahre Ziel einer Therapie sollte jedoch sein, alle Steine und Hindernisse zu beseitigen, die zwischen dem Selbstbild und der Antwort auf diese Frage liegen. Welche einfachere Mittel es auf der Alltagsebene dafür gibt, das ist im nächsten Blog zu lesen…

– LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT – TEIL I: DIE URSACHEN
– LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT – TEIL III: DIE BEHANDLUNG


Mai
15

LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT

  • Posted By : Mike Mandl/
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  • Under : Ernährung, Frühling, Fünf Elemente, Holzelement, Shiatsu, TCM

In der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Leber der Freigeist unter den Organen. Sie braucht viel Raum, um sich entfalten zu können. Erhält sie diesen nicht, reagiert sie sensibel und explosiv. Der Fachbegriff dafür ist Leber-Qi-Stagnation – eine der gängigsten Ursachen für Probleme in unserem System. Was sind die Anzeichen dafür? Und was lässt sich dagegen tun?

Text: Mike Mandl, Bild: flickr.com/mysza831 (creative commons license)

DER FRÜHLING UND DAS HOLZELEMENT

Der Frühling wird in der Fünf Elemente Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin dem Element Holz zugeordnet. Es ist die Jahreszeit des Neuanfangs und des Wachstums. Nach der langen Winterruhe, nach der langen Phase des Rückzugs und der Regeneration drängt die Lebenskraft nach außen und nach oben. Pflanzen schießen aus dem Boden, Bäume treiben aus, alles gedeiht, mit viel Bewegung, einer pulsierenden Dynamik, einer überbordenden Aktivität. Die Natur erwacht. Das Leben erwacht. Auch in uns Menschen. Fenster auf, Türen auf, hinaus ins Freie, auf zu neuen Abenteuern. Das Holzelement ist das Element der Expansion und der Entfaltung. Und die Leber ist die treibende Kraft.

Das Holzelement nimmt in unserem Leben eine zentrale Rolle ein, da wir Erfüllung vor allem durch persönliches Wachstum und individuelle Verwirklichung suchen und finden. Kultivieren wir den Frühling ins uns, pflegen wir unsere Holzenergie, sorgen wir dafür, dass ein für unsere Entwicklung fruchtbares Klima herrscht, wird es immer wieder neue Blüten geben, an denen wir uns erfreuen können, ob im Beruf, in der Partnerschaft oder in der Freizeit. Der Fluss des Lebens, er will fließen, ungehindert und frei. Stehen ihm Hindernisse im Weg, staut er sich, Druck baut sich auf und auf Druck ist das Holzelement besonders sensibel. Denn Druck erzeugt Spannung, Druck erzeugt Enge. Das Holzelement benötigt jedoch Flexibilität und Raum. Weil Wachstum immer ein dynamischer Prozess ist, der Anpassung und Richtungswechsel erfordert. Ohne Flexibilität und Raum kein wirkliches Wachstum, so einfach ist das. Statt der kräftigen Baum, der wir sein könnten, verkümmern wir zu einem kümmerlichen Bonsai.

Druck, Spannung, Enge, das alles schränkt uns ein. Man denke an den/die Vorgesetzte/n, der/die immer mehr Leistung in immer weniger Zeit einfordert. Oder an Problemstellungen in der Partnerschaft, die uns „die Luft zum Atmen nehmen“, die uns auf „den Magen schlagen“, die uns nicht blühen, sondern verwelken lassen. Bestehen derartige Situationen über einen längeren Zeitraum, dann treten wir auf der Stelle, wir stagnieren. Und aus Stagnation wird schnell Frustration. Die Stimmungslage: Fatal. Gereiztheit, Aggression und das Gefühl von Hilflosigkeit geben sich die Hand. Die Laus des Lebens nimmt die Leber im Würgegriff. Wir sind sauer. Das Fass ist kurz vor dem Überlaufen, der Luftballon kurz vorm Platzen. Anspannung von Kopf bis Fuß, Anspannung drinnen und draußen. Herzlich willkommen bei der Leber-Qi-Stagnation.

URSACHEN & SYMPTOME

Freie Entfaltung in allen Lebensbereichen, das wäre der Idealzustand. Ein Glücksgefühl wie in der Kindheit. Die Kindheit wird übrigens auch als Holzphase bezeichnet. In keinem anderen Lebensabschnitt wachsen wir mehr. Sind wir erwachsen, werden wir aber meist nicht mehr liebevoll gefördert. Nicht von uns. Nicht von unserer Umgebung. Im Gegenteil. Die Leistungsgesellschaft (er)fordert mehr. Mehr. Immer mehr. Immer schneller. Immer häufiger. Nicht persönliches, sondern Wirtschafswachstum zählt. Kein Wunder, dass die Leber-Qi-Stagnation eines der am weitesten verbreiteten Organmuster in westlichen Ländern ist. Die Ursache(n)? Wie bereits dargestellt: Emotionaler Stress, emotionaler Stau, Druck, Überarbeitung, Überforderung, Unterforderung… sprich: Ich habe keinen Raum mehr für mich selbst, ich kann mich nicht entfalten. Ich drücke mich nicht aus, ich werde erdrückt. Alles geht hinein, nichts geht hinaus. Die Frühlingsenergie, begraben unter dem Baumstamm des eingeschränkten Lebens.

Aber nicht nur ein unangemessenes Maß an Belastung bringt den Fluss des Lebens zum Erliegen: Die Kombination aus wenig Bewegung und viel üppigem Essen kann zu einem ähnlichen Ergebnis führen. Weil ein zu viel an Energie zu wenig umgesetzt wird. Wie zu viel Treibholz in einem Bach, der zu langsam fließt. Es bilden sich Staustellen. Wasser, das nicht fließt, wird trübe, bis es kippt. Dasselbe passiert in unserem System.

Eine weitere Ursache ist im Fünf Elemente Zyklus zu finden. In der Traditionellen Chinesischen Medizin ist das Holzelement das „Kind“ des Wasserelements. Holz braucht Wasser zum Wachsen. Der Frühling braucht einen starken Winter, um sich besser entfalten zu können. Die Bauern wissen das. Das Holzelement ist von der Kraft des Wasserelements abhängig und die dem Wasserelement zugeordnete Emotion ist Angst. Angst bringt das Wasser zum „Frieren“, die sprichwörtliche Schockstarre. Und mit Eis kann man Pflanzen nicht gießen. Sprich: Auch Unsicherheit, traumatische Hintergründe oder Angstzustände können das Holzelement in seiner Entfaltung behindern.

URSACHEN EINER LEBER-QI-STAGNATION

  • Stress, Leistungsdruck, Überarbeitung, Überforderung, Unterforderung, mangelnder Entfaltungsspielraum
  • unterdrückte Emotionen, Angstzustände, Unsicherheit, Trauma
  • zu wenig / keine körperliche Bewegung
  • zu viel üppiges Essen (Fleisch, Fett, Zucker, Fertigprodukte…)
  • Alkohol
  • Medikamente, Nahrungsmitteln mit vielen Zusatzstoffen, Zigaretten / alles, was der Körper „entgiften“ muss (Die Leber ist eine der wichtigsten Entgiftungszentralen). 

Es gibt also mehrere Ursachen. Die Auswirkungen in unserem System sind jedoch ähnlich. Man stelle sich einen Druckkochtopf vor, der kurz vor dem Explodieren ist. Von außen merkt man nicht viel. Innen herrscht jedoch massiver Druck. Und dieser Druck drückt sich auf mehreren Ebenen aus.

Auf körperlicher Ebene macht sich eine Leber-Qi-Stagnation vor allem durch Spannung bemerkbar. Die Muskulatur ist angespannt, der Brustkorb ist angespannt, der Bauch ist angespannt. Die Atmung tut sich schwer, gegen diesen Druck anzukämpfen, wie auch die Verdauung. Gefühle von Enge und Beklemmung können entstehen. Oder ein Völlegefühl, vor allem nach dem Essen. Auf jeden Fall leidet die Vitalität unter diesem Zustand. Müdigkeit macht sich breit, bis hin zur Depression, sprich Erschöpfung bei hoher innerer Anspannung. Besteht dieser Druckkochtopfzustand über längeren Zeitraum, kann die Energie nach oben steigen. Der berühmte Kloß im Hals. Häufiges Räuspern und Seufzen sind Zeichen des Wunsches nach Erleichterung. Tritt diese nicht ein, kann sich Druck im Kopfbereich aufbauen. Die Folge: Übelkeit, Kopfschmerzen, hoher Blutdruck, Tinnitus oder erhöhter Augeninnendruck. Und manchmal kann das Überdruckventil zum Pfeifen beginnen, in Form von plötzlichen wie heftigen Gefühlsausbrüchen. Unterversorgt bleibt hingegen die Peripherie, Hände und Füße werden nicht ausreichend mit Energie versorgt und sind oft kalt, trotz innerer Hitze oder Abneigungen gegen Wärme.

Ein ganz großer Klassiker unter den Symptomen einer Leber-Qi-Stagnation ist das prämenstruelle Syndrom (PMS). Weil die Leber auch den freien Fluss des Blutes kontrolliert. Und wenn schon Stagnation, dann richtig. Bereits im Vorfeld des Zyklus macht sich der Stau im Lebermeridian bemerkbar. Ein Ziehen entlang der Eierstöcke, Spannung im Brustbereich. Krämpfe im Unterbauch. Übelkeit. Launenhaftigkeit. Kopfschmerzen. Das volle Spektrum also. Die Entladung erfolgt unter Schmerzen, erfolgt heftig, mit dunklem, stagnierten Blut. Bei Männern kann es wiederum aufgrund des hohen Druck in allen Leitungen zu einer Unterversorgung des Unterleibes kommen, mit Erektions- oder Libidostörungen. Aber ob Mann, ob Frau, in Summe ist die Leber-Qi-Stagnation alles andere als ein angenehmer Zustand.

SYMPTOME EINER LEBER-QI-STAGNATION

  • Druck und Spannung, vor allem im Einflussbereich des Lebermeridians: Brustkorb, seitlicher Brustkorb, Bauch, Intercostalneuralgie
  • Blähungen, Völlegefühl, Übelkeit, Verstopfung, aber auch unregelmäßige Verdauung und ein Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung
  • Beschwerden vor oder während der Menstruation, Brustspannung, Stimmungsschwankungen, klumpiges Blut, unregelmäßiger Zyklus, Ausbleiben der Menstruation, Knoten in der Brust, Mastitis, Erektionsstörungen, Libidostörungen
  • Kopfschmerzen, Tinnitus, Schwindel, erhöhter Augeninnendruck, Hypertonie
  • Kloßgefühl im Hals, häufiges Seufzen oder Räuspern, Schluckauf
  • Depression, Frustration, Reizbarkeit, Stimmungslabilität, Wutausbrüche, Erschöpfung mit innerer Anspannung
  • Kalte Hände und Füße bei innerer Hitze

PULS- UND ZUNGENDIAGNOSE

In Puls und Zunge spiegeln sich der Zustand des Staus und der Spannung wieder.
Puls: Qi-Stagnation drückt sich vor allem durch einen gespannten Puls aus (Xian Mai). Führt die Qi-Stagnation auch zu Blut-Stagnation kann der Puls zusätzlich rau sein (Se Mai).
Zunge: Der Rand der Zunge wird dem Holzelement zugeordnet. Stau drückt sich gerne durch eine Schwellung aus, hier vor allem der Ränder.
Wichtig: In der Traditionellen Chinesischen Medizin gibt es noch weiter Ursachen für eine Leber-Qi-Stagnation, wie zum Beispiel Qi Mangel, Yang Mangel, Nässe, Blut Mangel etc… Je nachdem werden diese Ursachen in einer differenzierten Puls- und Zungendiagnose berücksichtigt und dementsprechend als Ursache mitbehandelt.

EIN ZEITGEISTPHÄNOMEN?

Ja. Leider. Die Leber gilt als das Organ der Vision. Wie eine im Frühjahr aus dem Boden schießende Pflanze bereits den fertigen Entwurf der Blüte in sich trägt. Die Leber enthält unsere Lebensvision, den großen Masterplan, der vor allem die Seele ernährt. Was ist dein Traum? Was würdest du tun, wenn du frei wärst, wirklich alles zu tun? Die Leber weiß die Antwort. Aber hören wir wirklich auf sie? Oder hören wir eher auf das, was Eltern, soziales Umfeld oder Gesellschaft vorgeben? Unsicherheit, andere Meinungen, innere und äußere Verbote, das alles hindert uns an der Entfaltung. Unsere Lebensenergie stagniert. Uns bleibt nichts anderes übrig, als sie immer wieder zu zerstreuen. Durch Ablenkung oder Exzess, ob in Form von Alkohol oder anderen Süchten. Wir müssen tun, sonst fühlen wir uns nicht rund. Das gilt auch für Sport, Reisen oder Workaholics.

Eine entspannte Leber muss gar nichts. Weil man im Einklang mit sich selber lebt. Man kann. Man darf. Man will. Aber man muss nicht. Die beste Behandlung für eine Leber-Qi-Stagnation ist die Umsetzung seiner Träume. Auf dem Weg dorthin gibt es jedoch viele Unterstützungsmöglichkeiten. Diese folgen im nächsten BLOG…

– LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT – TEIL II: DIE BEHANDLUNG
– LEBER-QI-STAGNATION: WENN DIE LEBER NEIN SAGT – TEIL III: DIE BEHANDLUNG


Feb.
28

NIEREN YANG: DIE SACHE MIT DER WÄRME

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  • Under : Ernährung, Fünf Elemente, Shiatsu, TCM, Winter

Ist es draußen kalt, schalten wir die Heizung ein, ziehen uns wärmer an, schützen uns vor den tiefen Temperaturen. Das ist normal, das ist logisch. Einzig bei der Ernährung machen wir oft das Gegenteil. Und wundern uns über kalte Füße, kalte Hände, Erkältungen und Müdigkeit…

Text: Mike Mandl, Bild: flickr.com/sky#walker (creative commons license)

In der chinesischen Medizin ist das so: Jedes Organ hat bestimmte Funktionen, die über seine rein physiologischen Aufgaben hinausgehen. Man spricht von Funktionskreisen oder Funktionseinheiten. Die Nieren zum Beispiel: Sie regulieren – unter anderem – unser inneres Feuer, sie sorgen dafür, dass uns warm ist, dass wir genügend Antrieb haben, dass uns Vitalität und Willenskraft erhalten bleiben. Unsere Nieren sind die Heizung unseres Körpers. Dementsprechend sensibel sind sie gegenüber äußerer Kälte, weil sie ihr Feuer dann gegenüber dieser Kälte einsetzen müssen und es dem Körper nicht mehr zu Verfügung stellen können. Und in der Tat: Wir wissen, dass Kälte den Nieren nicht gut tut. Dass wir vor allem den unteren Rücken und die Füße warm halten sollten – beides Körperareale, die in der chinesischen Medizin direkt mit den Nieren in Verbindung. Tun wir das nicht, zahlen wir oft einen hohen Preis dafür, bis hin zur Nierenbecken- oder Blasenentzündungen.

Man muss aber nicht barfuss und nabelfrei im Schnee tanzen, um die Nieren zu schwächen. Kälte und Dunkelheit über einen längeren Zeitraum reichen aus, um an unseren Energiereserven zu knabbern. Wenig Energie heißt wenig Wärme, so einfach ist das. Die Konsequenz: Auf einer subtileren Ebene frieren zuerst die Yang-Aspekte unseres Systems ein. Yang, das steht für Aktivität, Energie, Motivation, Lebendigkeit. Nicht ohne Grund gehen am Ende des Winters, am Ende der kalten Jahreszeit, vor allem diese Qualitäten gerne flöten und wir sind oft müde, geschwächt oder sogar deprimiert. Dem muss nicht sein, wenn wir darauf achten, die Wärme in den Nieren zu pflegen und zu kultivieren. Am besten über unsere Ernährung.

KALTE NAHRUNG – KALTE NIEREN – KALTER KÖRPER

Wie bereits erwähnt: Ist es draußen kalt, drehen wir in unseren Wohnungen oder Häusern die Heizung hoch, das ist normal, das ist vernünftig. Und natürlich ziehen wir uns wärmer an und nicht kühler, oder? Ja. Logisch. Warum aber machen wir mit unserer Ernährung oft genau das Gegenteil? Energetisch betrachtet agieren wir mit unseren Essgewohnheiten gerne so: Ist es draußen kalt, öffnen wir zusätzlich noch die Fenster und schalten die Heizung komplett ab. Und wundern uns dann, wenn es im Haus immer kälter wird und sich die Lebensprozesse verlangsamen. Wenn der Keller feucht wird und die Wände bröckeln. Wenn es einfach ungemütlich wird im eigenen Haus, in unserem Körper.

Was viele zuwenig beachtet wird: Unsere Nahrungsmittel haben neben ihren Inhaltstoffen auch eine sogenannte thermische Wirkung. Diese ist leicht nachzuvollziehen, wenn wir zum Beispiel ein extrascharfes Chili essen. Uns wird warm, uns wird heiß, die Poren öffnen sich, wir beginnen zu schwitzen und manchmal brennt das Chili auch zweimal, wir spüren die Hitze sogar beim Entleeren des Verdauungstraktes. Dass uns also manche Lebensmittel einheizen, das verstehen wir. Gegenüber der thermisch kalten Wirkung sind wir allerdings weniger sensibel. Weil Kälte auch schleichender in unser System eindringt, nicht so plakativ wirkt. Deswegen ignorieren wir diesen Effekt auch gerne. Und merken ihn erst dann, wenn wir ständig verkühlt sind, ständig müde sind, kalte Füße und/oder kalte Hände haben, uns der Antrieb fehlt etc…

Lebensmittel werden in der traditionellen chinesischen Medizin in Hinblick auf ihre thermische Wirkung in heiß, warm, kühl und kalt unterteilt. Wer äußerer Kälte aufgrund seiner Ernährungsgewohnheiten innere Kälte gegenüberstellt, bekommt Kälte im Doppelpack. Dass wir dann frieren, ist nicht verwunderlich. Aber auch die Immunität sagt danke und flieht in den Urlaub. Deswegen macht es wenig Sinn, literweise Orangensaft zu trinken, um Erkältungen vorzubeugen. Orangen stammen aus dem Süden, ihre thermische Funktion ist es zu kühlen und zu erfrischen und das tun sie bei uns auch. Daher rollt auch jedes Jahr eine größere Grippewelle über das Land, obwohl uns das Vitamin C aus Südfrüchten schon aus den Poren quillt. Wie können wir also das Feuer der Nieren pflegen und hüten, damit es uns Wärme und Energie spendet? Indem wir zuerst einmal weglassen, was uns kühlt. Dazu zählen vor allem folgende Nahrungsmittel:

KÜHLENDE / KALTE LEBENSMITTEL

  • Tiefkühlkost (vor allem, wenn mit Mikrowelle „aufgewärmt“
  • Rohkost, Smoothies
  • Joghurt, Milch, Topfen
  • Südfrüchte (Bananen, Wassermelonen, Orangen…)
  • Sommergemüse (Tomaten, Gurken, Blattsalate…)
  • Thermisch kalte Getränke, Mineralwasser, Eiswürfel, Fruchtsäfte
  • Kaffee (MEHR ÜBER KAFFEE), Tee (schwarz, grün, Pfefferminz), Energydrinks           
  • Sojamilch, Sojaprodukte (Tofu…)
  • Übermaß an Salz, raffinierter Zucker (MEHR ÜBER ZUCKER)

Ein Übermaß dieser Nahrungsmittel kann zu Kälte in den Nieren und im Körper und somit zu folgenden Symptomen führen:

Nicht genug Wärme im Körper
Kältegefühl in der Lendenwirbelsäule, den Beinen, den Füßen / Händen, Abneigung gegen Kälte, Ganzkörperkälte, Immunitätsschwäche, häufige Erkältungen, Wasseransammlungen

Nicht genug Wärme im Unterleib
Blasenentzündung, häufiges Urinieren, Inkontinzenz, Impotenz, Frigidität, Infertilität, verzögerter Zyklus, Menstruationsschmerzen

Nicht genug Kraft
Schwächegefühl in der Lendenwirbelsäule und Beinen, Rückenschmerzen

Nicht genug Energie
Apathie, Trägheit, wenig Unternehmungslust, wenig Willenskraft, Müdigkeit, Erschöpfung, Burn Out (MEHR ÜBER BURN OUT), Depression Unterfunktion der Schilddrüse

RAUS AUS DER TIEFKÜHLTRUHE!

Ein Frühstücksklassiker: Müsli mit Bananen und Joghurt. Dazu frisch gepresster Orangensaft. Nachher noch eine Tasse Kaffe, weil man ja eh schon brav und gesund war. Gesund? Im Sommer bei 30 Grad ja. Im Winter (MEHR ÜBER DEN WINTER): Nein, weil da komplette Frühstück kühlend ist. Das können sich nur Personen mit hochrotem Kopf und innerer Hitze im Winter leisten. Sollte jedoch eines der oben genannten Symptome zutreffen, empfiehlt es sich, sofort die Ernährung umzustellen. Wie man gezielt mittels Ernährung und Lebensstil Wärme im System aufbaut, das ist im nächsten Blog zu lesen…


Dez.
09

EINE ELEMENTARE BEZIEHUNG

  • Posted By : Mike Mandl/
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  • Under : Allgemein, Shiatsu, TCM

Das aus der traditionellen chinesischen Medizin stammende System der fünf Elemente wird oft in der Heilkunst, selten jedoch im Alltag angewandt. Wobei sich gerade dort seine Kraft viel mehr entfalten könnte, da es aufgrund seiner leicht verständlichen Logik Prozesse und Zusammenhänge transparent und nachvollziehbar macht. Vor allem in Beziehungen …

Die Zahnpastetube. Von manchen fein säuberlich aufgerollt. Von anderen grob fahrlässig zusammengequetscht. Ein kleiner Unterschied in der Handhabung, ein großer Effekt auf die Harmonie einer Beziehung. Natürlich, die Tube kann nichts dafür. Neben ihrer zu Unrecht mit wenig Dankbarkeit bedachten Aufgabe, uns praktisch und sauber Paste für den Zeitraum von vielleicht drei Wochen zu Verfügung zu stellen, muss sie auch noch als Sündenbock für partnerschaftliche Differenzen herhalten. Und ich gebe es an dieser Stelle lieber gleich zu. Ich bin ein Quetscher der übelsten Sorte. Tuben, die mir in die Hände fallen, hätten sich genauso gut einem Panzer vor die Kette werfen können. Meine liebe Frau schafft es hingegen Tuben so zu falten, als würden sie bei einer Origami-Olympiade an den Start gehen. Die Konsequenz davon: Jeder hat seine eigene Tube. Jeder darf seine persönliche Qualität ausleben. Persönliche Qualitäten, die sich mit dem System der fünf Elemente leicht identifizieren lassen. Die Falterin ist vom Metallelement geprägt. Der Quetscher ist dem Holzelement affin.

DIE QUALITÄT DES FRÜHLINGS: BEWEGUNG

Dem Holzelement wird in der traditionellen chinesischen Medizin als Jahreszeit der Frühling zugeordnet. Der Frühling ist die Zeit des Wachstums. Schnell und kompromisslos werfen sich die Pflanzen der Sonne entgegen, als wären sie mit purem Koffein gegossen worden. Dunkel und kalt war der Winter, jetzt wollen sie sich entfalten, sich zeigen, sich entwickeln, sich Raum nehmen. Von dieser chlorophyllen Euphorie lassen wir Menschen uns gerne anstecken, streben ebenfalls ins Freie, sagen dem mühsam aufgebauten Speck rund um den Bauchbereich den Kampf an, beginnen mit dem Frühjahrsputz, nehmen uns neue Ziele vor, wir erwachen aus dem Winterschlaf, tun wieder etwas. Der Frühling ist – ich glaube darauf können wir uns einigen – geprägt von einer aktiven, dynamischen, expansiven und lebendigen Energie. Diese Qualität von Energie lässt sich in vielen Lebensbereichen wieder entdecken. In der Kindheit – im Frühling des Lebens – geht es hauptsächlich um Wachstum, um Entfaltung. Wie eine neugierige Pflanze freut sich meine Tochter über jeden neuen Zentimeter, den sie am Türstock markieren kann. Die Frühlingsphase einer Beziehung ist mindestens genauso lebendig wie der Frühling an sich und wenn wir aus einem partnerschaftlichen Winterschlaf erwachen, nennt man das den zweiten Frühling.

Nun gibt es Menschen, die mit einem Übermaß an Frühlingsenergie ausgestattet sind. Den so genannten Holztypen. Den Quetscher. Mich. Ich habe leider keine Zeit, mich um die sensible Seele einer Tube zu kümmern, ich brauche Paste auf meiner Bürste, schnell und sofort, weil ich muss vor dem Frühstück noch laufen gehen, drei Termine ausmachen, eine kleine Gartenarbeit erledigen und überhaupt, das Leben muss vorangehen, um Details kümmern wir uns später. Oder kümmert sich wer anderer. Der Metalltyp zum Beispiel.

DIE QUALITÄT DES HERBSTES: REDUKTION ERGIBT ORDNUNG

Metallzeit ist Herbstzeit. Ähnlich wie die in Anbetracht des nahenden Winters ihre Energie von der Peripherie zurückziehenden Bäume, bevorzugt der Metalltyp eine Reduktion auf das Wesentliche. Er ernährt sich von Ordnung, Struktur und Kontrolle, trinkt dazu Gerechtigkeit, Feinheit und Perfektionismus. Als Dessert bevorzugt er die Introversion und der Kaffee wird im Kopf serviert. Weil wir sind, was wir essen, zeigt sich der Körper des Metalltypen schlank, feingliedrig, tendenziell blass und dünnhäutig. Seine Energie geht nach innen, so wie das im Herbst nun mal üblich ist, nur die mentale Steuereinheit ist dominant, schließlich will man nicht unkontrolliert und unvorbereitet der kargen Zeit des Winters gegenübertreten. Der Metalltyp ist die Mutter der Mutter der Tubenfalter.

An sich, so möge man meinen, wären Holz- und Metalltyp die ideale Ergänzung. Der eine aktiv und dynamisch. Der andere strukturiert und ordentlich. Wenn der Holztyp seiner Tendenz frönt, sich wie ein selbst überlassener Garten in alle Richtungen auszuufern, zückt der Metalltyp die metallene Schere und bringt Form ins Chaos, sodass kein sich selbst verschlingender Dschungel entsteht. Dafür profitiert der Metalltyp von der Lebendigkeit des Holzes, welche ihn aus der intellektuellen Stube hinaus ins pulsierende Sein drängt. So weit, so gut. Einzig Tuben können im Weg stehen. Oder Socken. Des Metalltyps feines Gespür für Ordnung kann sehr leicht durch ein Paar nach hektischer Aktivität riechender und nach den Prinzipien der Zufallstheorie in der Wohnung verteilten Holzsocken aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Weiterer Konfliktherd: Der Herd! Oder besser: Die Küche. Für den Holztypen eine Möglichkeit, gewagten Schimmelkulturen und mikrobiologischen Neuerscheinungen Freiraum zu gewähren. Für den Metalltypen eine Ehrensache, dass der Fußboden sauberer bleibt als der eigene Rachenraum.

Im Prinzip jedoch, stellt diese Verbindung ein großes Potential dar. Wenn die lebendige Holzenergie dank der Kraft des Metalls gebündelt und geordnet auf ein Ziel fokussieren kann, ist nichts unmöglich. Umgekehrt gilt natürlich dasselbe. Die intellektuelle Präzision des Metalls erfüllt nur dann ihren Zweck, wenn sie nach außen gebracht wird und sich nicht selber hinter metallenen Gittern gefangen hält.

ÜBER WASSER UND FEUER

Auch unser nächstes Paar kann über die Tubenfrage stolpern, wenn auch in anderer Hinsicht. Während der eine Pol meist Probleme damit hat, seine Tube überhaupt zu finden, stellt der andere die Notwendigkeiten von Tuben, deren Sinn und Stellenwert im kosmischen Gefüge, sowie deren generelle Existenz konstant in Frage. Wir sprechen von Feuer- und Wassertypen. Feuer kommt heraus, wenn man Holz verbrennt, sprich die Aktivität der Frühlingsenergie erreicht ihren Höhepunkt – wir können auch Sommer dazu sagen –  und was den Feuertypen auszeichnet ist … Feuer! Feuer ist lebendig, hell, intensiv. Hitze steigt seiner Natur gemäß auf, nach oben. Und der Sommer schenkt uns die Leichtigkeit des Seins, kurze Röcke und noch kürzere Flirts. Das alles sind auch Qualitäten des Feuertypens, der sich ob seiner leichten, oberflächlichen Energie nicht wundern darf, wenn er seine Zahnpaste Tube nicht orten kann, weil er gedanklich schon bei der mittäglichen Verabredung Platz genommen hat.

Ganz anders hingegen der Wassertyp. Wasser zieht es in die Tiefe, so wie sich in der winterlichen Wasserzeit die Energie der Natur in die Tiefe, in die Wurzeln zurückzieht. Stille Wässer sind tief und still ist das Wasser, wenn es vom Feuer nicht in Bewegung gebracht wird. Diese Neigung zur Tiefe, zur Stille und zur stillen Tiefe zeigt auch der Wassertyp. Er ist auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und auf der Suche nach dem Sinn von Zahnpastatuben. Warum soll ich mir die Zähne putzen, wenn doch sowieso alles vergänglich ist? Warum den Schein blitzender Zähen wahren, wenn die Wurzeln faulen? Warum? Sollte der Wassertyp tatsächlich Antworten auf diese Fragen finden, darf man nicht erwarten, dass er diese auch preisgibt. Außer man taucht ab in seine Welt und nähert sich ihm wie ein großer Wal auf einer Überdosis Baldrian. Vorsicht ist geboten, weil alles in Frage gestellt und somit mit der Farbe der Unsicherheit angemalt wird. Feuer und Wasser sind somit fasst die stärksten Gegensätze im Spiel der Elemente, finden sich aber aufgrund des Gesetzes der gegensätzliche Anziehung und der Ironie des Lebens gar nicht so selten in Partnerschaften – vermehrt sogar in „bewussten“ Partnerschaften – wieder.

Der Wassertyp sorgt mit seiner Tiefe dafür, dass der Feuertyp am Boden bleibt und sich im Alltag nicht ständig die Finger verbrennt. Ein Moment des Innehaltens, eine Stunde der Meditation, ein Hauch von Ruhe – und das inhaltlose Strohfeuer der Oberflächlichkeit gewinnt an Substanz. Des Feuers Kraft in der Beziehung sorgt hingehen dafür, dass der Wassertyp zumindest einmal im Monat das U-Boot seines existenziellen Charakters zugunsten gesellschaftlicher Aktivitäten auftauchen lässt und man das Fest der Existenz auch ohne tieferen Sinn – quasi besinnungslos – feiern kann. Ohne Feuer wird das Wasser kalt, ja es kann sogar einfrieren, was zu einer unnahbaren, fernen, mysteriösen Aura führt, die jeglichen Frohsinn im Keim erstickt. Und ohne die kontrollierende Kraft des Wassers wird das Feuer zwar kräftig lodern, aber bei aller lustvoller Zerstreuung doch stets vom nagenden Gefühl begleitet werden, dass irgendetwas Wesentliches im Leben fehlt. In Kombination wird der Zahnpastatube eine Position eingeräumt, die sich sowohl ihrer spirituellen Bedeutung als auch ihrer vollen Bedeutungslosigkeit bewusst ist und in diesem paradoxen Spannungsfeld dem täglichen Putzvorgang offen und tiefgründig, quirlig und meditativ, verwurzelt und abgehoben zugleich gegenübersteht.

Zuguterletzt muss noch jemand dafür sorgen, dass es überhaupt eine Zahnpastatube im Haushalt gibt. Obwohl dies auch der Metalltyp mit seiner ausgeklügelten Logistik bewerkstelligen kann, fällt die allfällige Versorgung doch in den Zuständigkeitsbereich des Erdtypen, der fünfte im Bunde, der Repräsentant des Spätsommers, der Mutter der Erntezeit, der Nabe des Rades, der Liegestuhl in der Mitte des Tanzes der anderen vier Elemente. Die Chinesen hätten sich mit der Definition des Erdtypen leicht getan, hätten sie die Österreicher bereits vor 4000 Jahren gekannt. Gutmütig, bequem, sozial, leicht träge und mit einem Hang zu gutem Essen und Trinken, mag es der Erdtyp nicht, wenn etwas gleich passieren muss. Gefahr besteht daher weniger von Seiten der ruhigeren Metall und Wasserenergie, sondern von der rohen Dynamik des Holzes und der emotionalen Spontanität des Feuers. Natürlich, als klassischem Coachpotato würden derartige Beziehungskonstellationen dem Erdtypen gut tun und die Gefahr der Versulzung ad acta legen. Genauso wie Holz und Feuer von der gelassenen Gemütlichkeit profitieren, ja eigentlich alle Parteien voneinander lernen können.

Und genau darum geht es in diesem Artikel, der jedoch die Eigenheiten der jeweiligen Persönlichkeitstypen nur vage anschneiden und deren mögliche Interaktion nur grob skizzieren kann. Was sich trotzdem herauskristallisieren soll. Es gibt sie, diese Grundtendenzen. Sie stecken in jedem von uns, da braucht man/frau sich nur umsehen. Es gibt die Holz-, Feuer-, Erd-, Metall- und Wassertypen. Und ungefähr sechs Milliarden Mischformen. Aber es geht nicht darum, mit neuen Schubladen zu spielen, sondern sich seiner innewohnenden Qualitäten bewusst zu werden und diese ihrem Charakter entsprechend zu entfalten. Ein klassischer Holztyp würde als Buchhalter längerfristig genauso wenig glücklich werden wie ein Erdtyp im Spitzenmanagement. Das System der fünf Elemente ist meiner Meinung nach deswegen sehr gut geeignet, diese Qualitäten zu erkennen und zu fördern, weil sich seine Anwendbarkeit im Unterschied zu anderen Persönlichkeitssystemen auf alle Bereiche des Lebens ausdehnen und „erleben“ lässt: In den Jahreszeiten, der Tageszeit, den Lebensabschnitten, der Ernährung, der Farblehre, der Muisk, der Medizin, dem Sport … und natürlich in unseren Beziehungen, in die wir mit dem Bewusstsein für die tiefer liegenden Prinzipen der Zahnpastatubenhandhabung mehr Verständnis, Toleranz und Wohlwollen einbringen können.

Das wünscht sich der Autor!

Zu diesem Thema gibt es:


Dez.
08

BURN ON STATT BURN OUT

  • Posted By : Mike Mandl/
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  • Under : Allgemein, Shiatsu

Die rasant zunehmende Zahl an Burnout-Fällen ist die Kehrseite einer immer kompromissloseren Leistungsgesellschaft. Das eigentliche Problem ist jedoch: Wir brennen nicht, wir verkohlen. Wollen wir der inneren Erschöpfung entkommen, müssen wir erst recht ein Feuer in uns entfachen. Das Heilmittel gegen Müdigkeit ist Aktivität.

„Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag
in deinem Leben mehr zu arbeiten.“
Konfuzius

Das ist schon interessant: Auf der einen Seite kann ein Halbtagsjob zu schwerem Burnout führen. Auf der anderen Seite gibt es Personen, die 60, 70 oder sogar 80 Stunden arbeiten und dabei noch aufblühen. Der Zeitfaktor alleine kann also nicht ausschlaggebend sein, um unsere Energie-Resservoires sukzessive aufzubrauchen. Und natürlich: Zeit ist relativ, sowieso. Tätigkeiten die uns erfüllen, die uns positiv fordern, die uns in einem rauschartigen Flowzustand versetzen, vergehen wie im Flug, während die Beschäftigung mit Belanglosigkeiten die Zeiger auf der Uhr oft zum Stillstand zwingt. Burnout ist ein Phänomen, das sich schwer greifen lässt, außer an dem Umstand, dass es immer mehr Leute betrifft und mittlerweile Dimensionen erreicht hat, die auf individueller als auch auf volkswirtschaftlicher Ebene äußerst ernst zu nehmen sind. Eine aktuelle Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hat gezeigt: In der Schweiz fühlen sich rund anderthalb Millionen Menschen an ihrem Arbeitsplatz häufig gestresst. Innerhalb von zehn Jahren hat diese Zahl um fast ein Drittel zugenommen. Das kostet die Volkswirtschaft mehrere Milliarden Franken pro Jahr, durch Krankenstände oder Leistungsabfall am Arbeitsplatz.

Ein Zeitgeistphänomen unserer Leistungsgesellschaft

Die Zukunftsprognose: Düster. Weil es eben nicht immer nur schneller, weiter, höher und besser gehen kann, die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen aber genau dies vermehrt einfordern, jeder muss sehen wo er bleibt, immer noch vorne blicken, keine Möglichkeit zum Stillstand, vor allem in Zeiten, in denen klassische Sicherheiten kontinuierlich wegzubrechen drohen, denn egal ob beruflich oder privat, der Lebenslauf 2.0 ist geprägt von Geschwindigkeit und zwingender Flexibilität, bis hin zum nicht mehr auf das Parkett der guten Verträglichkeit legenden Spagat zwischen allen möglichen und unmöglichen Anforderungen des Alltags, des Berufes und des Beziehungslebens. Bei stetig steigendem und omnipräsenten Druck, schon beginnend in der Schule, nein, sogar schon im Kindergarten. Die Ich-Gesellschaft wird vermehrt zur Ellenbogengesellschaft und wer sich nicht zeitig profiliert, bleibt früher oder später auf der Strecke. Immer weniger Personen werden mit immer mehr Arbeit eingedeckt. Man kann das Gewinnoptimierung nennen. Der Rest muss sich mit nicht ganz freiwillig erwünschter Umstrukturierung auseinandersetzen. Und auch das ist interessant: Selbst unter Arbeitslosen ist Burnout weit verbreitet, denn der existentielle Stress, nichts tun zu können, wird oft als genauso schlimm erfahren wie dauernd tun zu müssen. Burnout kann daher durchaus als Zeitgeist-Phänomen betrachtet werden, als den individuellen Kollaps, der zum Ausdruck bringt, was früher oder später auch unsere extrem leistungsorientierte Profitgesellschaft an sich treffen wird. Die eine oder andere wirtschaftliche Krise hat ja schließlich schon an die Tür geklopft.

Aber Krisen wird ungern das Tor geöffnet. Vielmehr werden alle Reserven mobilisiert, um sich dagegen zu stemmen und sie ja nicht hereinzulassen. Wobei gerade die Auseinandersetzung mit der Krise die Lösung wäre. Das aus dem altgriechischen stammende Wort Krise bedeutet (Ent)scheidung, entscheidende Wende. Das Potential einer Krise ist: Umzudenken. Neue Wege einzuschlagen. Sich vom dem zu scheiden, was sich als nicht konstruktiv erwiesen hat. Und somit eine entscheidende Wende einzuschlagen. Burnout-Zustände sind eine persönliche Krise. Aber anstatt alles daran zu setzen, wieder fit zu werden, um genau den Weg weiter zu verfolgen, der direkt in die Krise geführt hat, sollte man diese als Chance sehen, entscheidende Wenden einzuleiten. Wenden, die eigentlich schon viel früher hätten passieren sollen. Denn warum brennen wir überhaupt aus?

Hitze entsteht durch Reibung und Druck

Simpel auf den Punkt gebracht: Hitze entsteht meist durch Reibung oder durch Druck. Wir laufen heiß, wenn es im Leben nicht reibungslos läuft. Wir laufen heiß, wenn wir mit zu viel Druck umherlaufen. Und Reibung kann es auch bei einem 20 Stunden Job geben. Druck kann es auch bei gar keinem Job geben. Die moderne Burnout-Forschung spricht bei Burnout begünstigenden Faktoren von geringen Entfaltungsmöglichkeiten oder Handlungsspielräumen, von Überengagement und Perfektionismus, von mangelnden Stressbewältigungsmechanismen, schlechtem Betriebsklima, fehlenden Zielvorgaben oder zu hohen Erwartungen an sich selbst. Aber: Es geht um Reibung, es geht Druck. Und das über einen längeren Zeitraum, wir sprechen von Monaten und Jahren. Wenn wir uns immer wieder entfalten wollen, aber nicht können, dann reiben wir uns am Widerstand heiß. Oder an den KollegInnen. Oder am Partner. Aber: Im Endeffekt brennen wir dabei gar nicht wirklich, wir verkohlen nur, ganz langsam, und zerbröseln schließlich. Denn wenn wir wirklich für etwas brennen, wenn das Feuer der Leidenschaft die treibende Kraft für unser Tun ist, und nicht die engen Zielvorgaben der Abteilungsleitung oder des internen, vielleicht durch die elterliche Erziehung oder die Schule oder den gesellschaftlichen Konsens in das eigene System implementierten Kritikers, dann geht es uns im Regelfall auch gut. Wenn wir wirklich für etwas brennen, dann fühlen wir uns selten überfordert, sicher manchmal erschöpft, ja, angenehm erschöpft vielleicht, weil wir auch bei diesem Tun Energie einsetzen, sehr viel sogar, aber durch die Begeisterung bekommen wir auch etwas zurück, wie Kinder beim Spielen. Kinder. Überhaupt ein gutes Beispiel. Kleine Kinder tun keine Sekunde lang etwas, das ihnen nicht richtig Spaß macht. Ist etwas uninteressant, wird es sofort fallen gelassen. Deswegen verfügen sie auch über soviel Energie, die sie den ganzen Tag vibrieren lässt. Aber irgendwann geraten auch diese lebendigen Aktivitätsmaschinen ins Stocken. Meist mit dem Eintritt in das Schulsystem. Weil es plötzlich nicht mehr möglich ist, den Alltag frei nach Lust und Laune zu gestalten. Und dann? Macht sich immer öfters Müdigkeit breit. Langeweile. Lustlosigkeit. Weil wir auch lernen müssen, Dinge zu tun, die wir nicht unbedingt wollen. Das bremst den Flow. Aber müssen wir das wirklich? Ja, bis zu einem gewissen Grad. Vielmehr geht es um die Balance. Wer acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche, Dinge tut, die keinen Spaß machen, wenig mit der Persönlichkeitsstruktur, mit den Begabungen und dem individuellen Potential zu tun haben, der darf sich nicht wundern, wenn er müde ist, selbst wenn die eigentlichen Anforderungen dieses Tuns nicht unbedingt schwer belastend sind. Deswegen wird in Bezug auf Burnout oft auch von Bored out gesprochen. Der Geist ist über-, die Seele unterfordert. Der Geist verglüht, ohne dass die Seele jemals gebrannt hat.

An der International Academy for Hara Shiatsu arbeiten wir in einem Fachpraktikum mit Burnout-KlientInnen. Shiatsu sucht in der Behandlung den Weg über den Körper und das System der Meridiane ist die Brücke zur Psyche. Als ich als Leiter und Initiator mit diesem Projekt anfing, war ich über die Resultate unserer Diagnose überrascht. Bei 90% der KlientInnen war der Kopf müde. Aber der Körper immer noch voller Energie, Energie, die sich nie wirklich entladen konnte, Energie, die wie Wasser hinter dem Staudamm der ungenutzten Möglichkeiten zurückgehalten und durch die lange Nichtbewegung brackig wurde. Bei den meisten Behandlungen ging es daher nicht darum Energie aufzubauen, sondern freizusetzen, gezielt freizusetzen, denn Energie braucht eine klare Richtung, ansonsten zerstreut sie sich oder wartet in den Startlöchern auf das richtige Signal. Das macht auf die Dauer müde, das macht auf die Dauer mürbe. Um dieser Energie jedoch eine konstruktive Richtung zu geben, muss man zuerst wissen, was man will. Um zu wissen, was man will, muss man wissen, wer man ist. Und hier, genau hier, beginnt die Burnout-Prävention. Und die Burnout-Heilung.

Wer bin ich? Was will ich? Wie erreiche ich meine Ziel?

Wer bin ich? Das ist eine gute Frage, die man psychologisch, philosophisch oder praktisch angehen kann. Psychologisch und philosophisch ist die Frage nicht wirklich geklärt. Und die Antworten nicht eins zu eins alltagstauglich. Daher lieber praktisch. Praktisch heißt: Was zeichnet mich aus? Welche Talente und Stärken habe ich? Was macht mir Spaß? Wo sitzt meine Leidenschaft? Was sind meine Träume? Unsicherheit oder Unklarheiten in Bezug auf diese Frage unterhöhlen das Selbstwertgefühl. Und ein schwaches Selbstwertgefühl ist immer noch eine der besten Eintrittskarten in das Burnout-Theater. Weil wir in diesem Fall für Anerkennung vieles, wenn nicht sogar alles tun würden. Wir wollen uns im Leben nicht beweisen. Wir müssen uns beweisen, um Bestätigung zu bekommen. Der deutsch-amerikanische Psychologe Herbert Freundenberger, der 1974 den Begriff Burnout salonfähig gemacht hat, stellte ein zwölfstufiges Burnout-Modell in den Raum, dass die progressive Entwicklung des Symptoms in Phasen deutlich macht. Erste Phase: Der Zwang sich zu beweisen. Was folgt: Vermehrter Einsatz, Vernachlässigung von Bedürfnissen, Umdeutung von eigenen Werten, in weiterer Folge Rückzug bis hin zum völligen Zusammenbruch. Entscheidend ist wie oft der erste Schritt, weil dieser die Weiche stellt. Wenn jemand seine Kompetenzen und Stärken nicht kennt, können Selbst- und Fremdbild auseinanderklaffen und verhindern, dass jemand seine Fähigkeiten, Stärken und Talente wirksam einsetzt. Es entsteht Reibung. Oder Druck. Weil das innere Potential mit dem äußeren Tun in ein Spannungsfeld gerät. Das ist weit verbreitet. Wir spüren das. Nicht ohne Grund explodiert die Anzahl an Personen, die sich eine Auszeit nimmt, ein Sabbatical-Jahr oder unbezahlten Urlaub. Um wieder mehr in Kontakt zu kommen, mit sich selber. Wer in Kontakt mit sich selbst ist, kann sich besser steuern. Wer sich besser steuert, muss sich nicht zwanghaft beweisen. Und weiß, wann die Balance zwischen Einsatz und Ressourcen nicht mehr schlüssig ist. Der Forscher June Tangney hat herausgefunden, dass die Fähigkeit der Selbstregulierung stark negativ mit den meisten Merkmalen des Burnout-Syndroms korreliert. Und: Das Konzept der Selbststeuerung scheint zahlreiche, empirisch belegte positive Auswirkungen auf die Überwindung des Burnout-Syndroms zu haben.

Wer weiß, wer er ist, weiß auch, was er will. Ziele sind der schnellste Weg aus der emotionalen Müdigkeit heraus, sofern sie mit den inneren Werten übereinstimmen. Je klarer das Ziel, desto direkter der Weg dorthin. Ein gutes Ziel erkennt man daran, dass es zugleich begeistert und herausfordert. Ein gutes Ziel lässt uns brennen ohne zu verbrennen. Ein gutes Ziel lässt uns Sorgen und Schwierigkeiten vergessen. Ein gutes Ziel macht uns wach. Haben Sie ein gutes Ziel?

Was kann ich tun?

Tipps gegen Burnout finden Sie im Web zuhauf: Auszeiten nehmen, Nein-Sagen, sich selbst belohnen, FreundInnen treffen etc… Das ist alles gut, das ist alles richtig. Und je nach Stadium des Burnouts, sollte auf jeden Fall auf externe Hilfe zurückgegriffen werden. Aber: Wenn Sie wirklich etwas tun wollen, packen Sie das Übel direkt bei den Wurzeln. Denn sonst sind auch die besten Tipps nicht mehr als ein Tropfen auf den erhitzten Stein. Nehmen Sie sich ernst. Es ist ihr Leben. Was wollen Sie? Wirklich? Was wollen Sie arbeiten? Wie wollen Sie leben? Was wollen Sie erreichen? Diese Fragen erfordern etwas, dass in der heutigen Gesellschaft selten geworden ist: Mut. Zeit. Und Entschlusskraft. Nehmen Sie sich Zeit, lassen Sie sich Zeit. Und lassen Sie sich nicht mitreißen von dem kollektiven Wahnsinn, der im stetigen Mehr den einzigen Schlüssel zur Erfüllung sieht. Vielmehr: Seien Sie kompromißlos. Und warten Sie nicht auf den Ruhestand, um ihren Träumen nachzujagen. Das einzige Heilmittel gegen die sich immer breiter machende kollektive Müdigkeit ist Aktivität. Aktivität in dem Sinne, aus einer nicht fruchtbaren passiven Rollen auszusteigen und das Ruder am eigenen Schiff zu übernehmen. Was zeichnet ihr Schiff aus? Wohin soll die Reise gehen? Dazu müssen Sie nicht immer gleich das ganze Leben umbauen. Ein großes Feuer beginnt auch mit einem kleinen Funken. Dieser aber will geschürt werden. Finden werden Sie den Funken dort, wo sich ihre Leidenschaft verborgen hält. Für was auch immer. Fangen Sie genau dort an. Jetzt.

 


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Mike Mandl ist professioneller Shiatsu Praktiker, Autor und Vortragender. Seine Schwerpunktthemen sind Burn Out und Beschwerden des Bewegungsapparates.

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